Kommen Tintenfische aus dem Weltraum?
Also, sind sie Aliens? In diese Richtung geht eine Entdeckung, die Forscher nun über das Erbgut der Tintenfische gemacht haben. Sie deutet darauf hin, dass Tintenfische nicht von dieser Welt stammen. Mit Tintenfisch meine ich eine Unterklasse der sogenannten Kopffüßer, zu denen der Sepia gehört, aber auch Kalmare und Kraken. Viele dieser Tiere besitzen erstaunliche Fähigkeiten und Intelligenz und können sogar Werkzeuge benutzen. Das ist gerade für wirbellose Tiere schon bemerkenswert, denn die meisten wirbellosen Geschöpfe sind eher so ein bisschen simpel gestrickt. Ich entschuldige mich bei allen wirbellosen Zuschauern dieses Videos.
Da stellt sich also die Frage: Wie konnten Tintenfische eine derart hohe Entwicklungsstufe erreichen, obwohl dies für andere wirbellose Tiere unüblich ist? Ein Forscherteam hat sich zur Beantwortung dieser Frage mal das Genom von drei Vertretern der Tintenfische vorgeknöpft: einem Oktopus, einem zehnarmigen Tintenfisch und einem Kalmar. Die Analyse der Tintenfisch-DNA offenbarte Erstaunliches: Ihr Erbgut umfasst viel mehr Gene als das anderer Mollusken, also anderer Weichtiere wie Muscheln und Schnecken, und es ist das mit Abstand größte Genom unter allen wirbellosen Tieren. Das Erbgut des Oktopus erreicht sogar 90 Prozent der Länge des menschlichen Erbguts. Das alleine ist zwar noch kein Beweis für Intelligenz, aber es zeigt definitiv, dass es sich um äußerst komplexe Lebewesen handelt.
Okay, jetzt sagen vielleicht einige von euch: „Voll langweilig, ich gehe lieber wieder Calamari essen“, aber die Forscher fanden noch etwas anderes heraus, und das ist wirklich auf eine gewisse Art und Weise unheimlich. Das Erbgut der Tintenfische unterscheidet sich in seinem Aufbau von dem aller anderen bekannten Lebewesen auf dem Planeten. Die beteiligte Forscherin Hanna Schmidt-Bauer von der Uni Wien sagt: „Durch unsere Forschung ist jetzt deutlich geworden, dass wir, um die Biologie der Kopffüßer zu verstehen, zuerst die genetischen Bausteine dieser Tiere verstehen müssen.“ Diese Bausteine scheinen sich aber radikal und in vielen Aspekten von dem zu unterscheiden, was wir von anderen Tieren kennen.
Eigentlich sind die Genome aller Lebewesen in sehr ähnlicher Weise auf die Chromosomen aufgeteilt. Man bezeichnet diese genetische Grundstruktur als Syntenie, und sie verbindet alle Lebewesen über 600 Millionen Jahre der Evolution hinweg. So unterschiedlich sich im Laufe der Zeit die Lebewesen auch entwickelt haben, diese genetische Grundstruktur ist also etwas, das ihr zum Beispiel mit einer Kröte gemeinsam habt. Das indiziert, dass wir selbst mit diesen, nun von uns so weit entfernten Lebewesen, gemeinsame Vorfahren haben. Wenn ihr das nächste Mal also eine Kröte seht, dann behandelt sie wie einen weiten, fernen Verwandten – also mit Desinteresse und gesellschaftlich gezwungenen Einladungen zum Weihnachtsessen.
Tintenfische scheren aber aus dieser evolutionären, gemeinsamen Linie aus. Auf ihren Chromosomen sind die Gene völlig anders angeordnet und aufgeteilt als bei allen anderen Tiergruppen. Der Koautor der Studie, Clifton Ragsdale von der University of Chicago, sagt: „Es gibt immense Umstrukturierungen des Erbguts, als wenn die ursprünglichen Gene in einem Mixer püriert worden wären.“ Ist das nicht eigenartig? Warum entwickeln einige Tiere eine komplett andere genetische Bauanleitung, während alle anderen Spezies des Planeten dies nicht tun? Die Ursache dafür ist völlig ungeklärt, aber es könnte den Tintenfischen in der Vergangenheit einen immensen evolutionären Vorteil gebracht haben.
Die Genome der Tintenfische enthalten nämlich fast gar keine neuartigen Gene, sondern nur neue Kombinationen von Genen, die auch von anderen Lebewesen bekannt sind. Diese einmalige genetische Anordnung könnte der Schlüssel zu den besonderen Fähigkeiten der Tintenfische sein. Man könnte auch sagen, dass sie durch die Umstrukturierung ihres Erbguts nicht die Regeln des evolutionären Spiels geändert haben, sondern sich direkt ein ganz neues Spielfeld gebaut haben. Dadurch konnten sie Fähigkeiten erlangen, die anderen Meeresbewohnern aus evolutionärer Perspektive absolut verschlossen sind.
Eine Schlüsselrolle scheint dabei der Boten-RNA zuzukommen. Flashback: Achte Klasse Biounterricht. Die Aufgabe der RNA besteht darin, die in der DNA gespeicherten genetischen Informationen zu transportieren und zu übersetzen. Sie setzt die Erbinformation also in die Praxis um. Bei den Tintenfischen haben die Forscher besonders häufig eine nachträgliche Veränderung dieser Boten-RNA festgestellt. Also, nachdem die genetischen Informationen schon abgelesen wurden und von der Boten-RNA transportiert werden sollten, wird sie noch verändert. Das kommt zwar auch bei Wirbeltieren vor, also zum Beispiel bei uns, aber wesentlich seltener als bei den Tintenfischen.
Diese nachträgliche Veränderung einer bereits von der DNA abgelesenen mRNA-Bauanleitung kann dazu führen, dass aus einem Gen-Code unterschiedliche Proteine erzeugt werden können. Das wiederum erweitert die funktionalen Möglichkeiten der Proteinbildung. Tatsächlich kam diese RNA-Editierung besonders häufig in den neuronalen Geweben der Tintenfische vor, also in ihrem Gehirn. Das ist also in gewisser Hinsicht wie eine Superkraft für das Tintenfischgehirn, weil die Boten-RNA durch ihre nachträgliche Veränderung modifizierte Proteine erstellt. Wahrscheinlich funktioniert das bei Marvel-Superhelden auch ganz ähnlich: Spider-Mans Boten-RNA transportiert plötzlich auch Spinneninformationen, obwohl sie in seiner menschlichen DNA etwas anderes abgelesen hat. Zum Glück wurde Spider-Man nicht von einem Tintenfisch gebissen.
Viele Fragen sind aber jetzt noch offen. Vor allem: Warum haben die Tintenfische als einzige Spezies diesen evolutionären Stunt hingelegt? Es gibt Theorien, dass die Vorfahren der Tintenfische aus dem Weltraum kommen oder zumindest durch Faktoren aus dem Weltraum beeinflusst wurden. Klingt total verrückt? Ja, wird aber sogar in einer offiziellen wissenschaftlichen Studie behauptet, die ich ihnen schon öfter verlinkt habe. Darin heißt es: Die transformativen Gene, die vom Vorfahren Nautilus über die gewöhnliche Sepia und den Kalmar bis zum gemeinen Tintenfisch führen, sind in keiner vorher bestehenden Lebensform auf unserem Planeten zu finden. Daher lässt sich durchaus vermuten, dass sie aus einer weit entfernten Zukunft in Bezug auf die terrestrische Evolution oder realistischer aus dem Kosmos im Allgemeinen entliehen wurden.
Aber ist das wirklich eine realistische Erklärung? Ich denke, dass das zwar nicht komplett unmöglich ist, aber eher unwahrscheinlich. Dass die Vorfahren der Tintenfische aus dem Weltraum kamen, ist irgendwie nicht naheliegend. Wie sollen sie das getan haben? In einem Kometen eingefroren und dann auf der Erde aufgetaut? Wie Calamari aus dem Tiefkühlregal? Wohl kaum. Vielleicht gab es eine Art Panspermie-Ereignis und außerirdische Viren kamen auf die Erde, die dann das Erbgut der Tintenfische verändert haben. Aber wenn es wirklich einen derartigen Influx aus dem Weltraum gegeben haben sollte, warum sind dann nur die Tintenfische davon beeinflusst worden und keine andere Spezies auf diesem Planeten?